Energetische Diagnose von Gebäuden

Motivation und Projektziele


Bereits frühere Messreihen an passiv-solar konzipierten Gebäuden haben gezeigt, dass es für solares Bauen in unseren Breiten noch keine gesicherten Entwurfskriterien gibt, anhand derer sich Gebäude planen lassen, die hinsichtlich ihres Heizenergiebedarfs optimiert sind. Ergebnisse weiterer Messungen werden benötigt, um neue Erkenntnisse in die Planung besserer passiv-solarer Gebäude einzubringen. Die Vorgehensweise in diesem Projekt ist daher, die wesentlichen charakteristischen Eigenschaften des energetischen Verhaltens von Gebäuden durch Messungen zu erfassen. Dadurch werden Erkenntnisse über den tatsächlichen Zustand der Bausubstanz - auch im Vergleich zur Planung - gewonnen. Die Messdaten der Gebäude sollen mit minimaler Sensorik und zentral erfasst werden. Die Erstellung allgemeiner, aus Messungen abgeleiteter Planungsrichtlinien und Dimensionierungshilfen für NESA-Gebäude ist das eigentliche Ziel des Projekts. Um dieses Projektziel zu erreichen, sind mehrere Teilaufgaben zu bearbeiten:

Im Rahmen des Projekts wurde ein Datenerfassungsnetz aufgebaut, an das bislang 14 Gebäude in Nordrhein-Westfalen angeschlossen sind. Die Messobjekte wurden so ausgewählt, dass sehr unterschiedliche solare und energiesparende Konzepte messtechnisch untersucht werden können.

Um das thermische Verhalten verschiedener Gebäude zu analysieren, wurde ein standardisiertes Messverfahren entwickelt, das mit einer minimalen Anzahl von Sensoren auskommt. Neben den meteorologischen Daten des Standorts werden die leitungsgebundenen Energieflüsse, die zur Erwärmung des Gebäudes beitragen, sowie Luft- und Wandtemperaturen in mehreren Zonen des Gebäudes erfasst. Die Datenerfassung vor Ort basiert auf einem Datenloggersystem, das alle 10 Sekunden Messungen durchführt, die zu 15-Minuten-Mittelwerten zusammengefasst und mit der Varianz gespeichert werden. In einem automatisierten Verfahren werden täglich von jedem Messobjekt die Daten zum Diagnose-Zentrum in Siegen telefonisch übertragen. Direkt nach der Übertragung werden die Daten automatisch auf Plausibilität geprüft. Mit Hilfe eines relationalen Datenbankprogramms werden die Orginaldaten und ihre Mittelwerte über verschiedene Zeiträume (stündliche bis jährliche Mittelwerte) verwaltet und für die Auswertung aufbereitet. Auf diese Weise können die Daten aus diesem Messprogramm auch anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Das im Rahmen des Projekts entwickelte standardisierte Messverfahren und Datensammlungskonzept reduziert den Aufwand an Hardware und Installationsarbeiten, der zur energetischen Diagnose von Gebäuden betrieben werden muss, und erleichtert die Aufnahme weiterer Gebäude in das Messprogramm. Die bisher durchgeführte Auswertung beschränkt sich auf die Messobjekte, die schon mindestens über die Dauer eines Jahres vermessen wurden. Für diese Gebäude wurden zunächst die Energieeinträge ins Gebäude summarisch zusammengestellt und nach Anteilen von Heizung, Strom und solarem Gewinn unterteilt. Außerdem wurde der Heizenergiebedarf in Abhängigkeit der Außenlufttemperatur und der Windgeschwindigkeit aufgetragen. Darüberhinaus wurde das Verhalten verschiedener solarer Komponenten analysiert, so z.B. die Selbstregelung einer Fußbodenheizung, die Beladung eines Langzeitwärmespeichers über eine Wärmepumpe mit Erdwärmetauscher und über Wasserkollektoren und die damit verbundene Brauchwassererwärmung. Außerdem wurde ein Analyseverfahren entwickelt, das auf der Modellierbarkeit von Systemen isothermer Bereiche (Zonen) durch RC-Netzwerke basiert. Mit Hilfe von Messdaten wurde versucht, aus Differentialgleichungen verschiedener vereinfachter Modelle des Gebäudewärmehaushalts Parameter zu bestimmen, die realen Gebäudeeigenschaften entsprechen, wie z.B. effektive Wärmekapazität, thermischer Widerstand oder solare Apertur. Die Überprüfung der theoretischen Modelle an Testhütten ergab, dass das entwickelte Analyseverfahren prinzipiell funktioniert. Die praktische Anwendung auf reale und bewohnte Gebäude ist zum derzeitigen Entwicklungsstand der Analysemethode jedoch nur eingeschränkt möglich. Durch Modellverbesserung und weiterführende Datenanalyse wird angestrebt, den Anwendungsbereich des Verfahrens zu erweitern.