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Zusammenfassung

Das Transportverhalten von Teilchen im Phasenraum wurde in Hinblick auf astrophysikalische Anwendungen dargestellt, insbesondere mit dem Ziel der Untersuchung von hochenergetischer nicht-thermischer Strahlung. Sowohl für Photonen als auch für geladene Teilchen bedeutet dies, daß die Wechselwirkung der Teilchen untereinander vernachlässigbar ist. Von besonderer Bedeutung für die Beschleunigung der Teilchen ist jedoch die Verknüpfung des Transportes im Konfigurations- und Impulsraum, welche zunächst im Rahmen des klassischen Transportverhaltens für Photonen und geladene Teilchen dargestellt wurde. In Supernova-Überresten, in denen hochenergetische geladene Teilchen erzeugt werden, herrschen jedoch in manchen Gebieten Bedingungen vor, in denen der Transport auf Grund eines stochastischen Magnetfeldes anomales Verhalten zeigt. Insbesondere für diesen Fall wurde eine Transportgleichung und deren Lösung angegeben.

Für Photonen ist die relevante Transportgleichung für den o.g. Anwendungsbereich die Boltzmann-Gleichung. Auf deren Grundlage wurde das Problem der Erzeugung hochenergetischer Photonen durch Comptonisierung in einer Plasmascheibe formuliert. Die entsprechende Integro-Differential-Gleichung wurde semi-analytisch gelöst. Dabei wurde die Phasenfunktion und die Winkelabhängigkeit der spezifischen Intensität in Legendre-Polynome entwickelt. Der Satz daraus entstehender gekoppelter Differentialgleichungen für die Ortsabhängigkeit der Intensität wurde durch Entwickeln in Tschebyscheff-Polynome auf ein algebraisches Eigenwertproblem zurückgeführt. Dieses konnte mit geringem Aufwand numerisch gelöst werden. Dabei wurde der Spektralindex des Potenzgesetz-Spektrums comptonisierter Strahlung erhalten, wie auch deren Winkel- und Ortsverteilung. Im Gegensatz zu früheren Arbeiten mußten dabei im Prinzip keine Einschränkungen an die Größe des Energieübertrages der Elektronen auf die Photonen, die Winkelabhängigkeit der Quellfunktion oder an die optische Tiefe der Plasmascheibe gestellt werden. Während für große optische Tiefen die Isotropie der Quellfunktion bestätigt werden konnte und die hier erhaltenen Ergebnisse für den Spektralindex in sehr guter Übereinstimmung mit den vorausgegangenen Arbeiten sind (speziell Titarchuk & Lyubarskij [1995]), so konnte für kleine optische Tiefen die tatsächliche Anisotropie und die Auswirkung auf den Spektralindex bestimmt werden.

Die Intensität der Strahlung, die eine optisch dünne Plasmascheibe verläßt, zeigt eine starke Kollimation in Richtung der Oberfläche, die von verschiedenen Autoren vorhergesagt worden ist (siehe z.B. Haardt & Maraschi [1993] und Titarchuk [1994]). Die Intensitätsverteilung wurde als Entwicklung in den o.g. Polynomen berechnet, die durch den großen Teil der analytischen Behandlung des Problems bis zu ausreichend großer Ordnung und damit hoher Konvergenz erhalten wurde. Die einzige Einschränkung an die Genauigkeit der Ergebnisse stellt daher die Näherung durch die Mittelung über die Polarisationsrichtungen dar, wie sie auch von den bis heute vorgestellten Monte-Carlo-Methoden benutzt wird, die dadurch mit den hier angegebenen Ergebnissen verglichen werden können. Die Erweiterung auf eine Transportgleichung für polarisierte Strahlung ist bei der hier dargestellten Methode prinzipiell möglich.

Für geladene Teilchen wurde die Beschleunigung unter dem Einfluß stochastischer Magnetfelder untersucht, die zu einem anomalen Transportverhalten führen. In Supernova-Überresten gibt es Gebiete, in denen das stochastische Magnetfeld hauptsächlich senkrecht zur Stoßnormalen verläuft. Für die wiederholte Stoßkreuzung spielt gerade der anomale Transport senkrecht zur Hauptrichtung des Magnetfeldes die entscheidende Rolle. Zur Untersuchung des Transportverhaltens und der Auswirkungen auf das Spektrum der bei dieser Konstellation durch die Stoßfront beschleunigten geladenen Teilchen wurde eine Monte-Carlo-Methode verwendet. Zunächst wurde die hier dargestellte Simulationsmethode durch eine kleine Abänderung auch auf schräge nicht-stochastische Stoßfronten angewendet. Die erhaltenen Spektralindizes für verschiedene Neigungswinkel bei nicht-relativistischen Stoßgeschwindigkeiten wurden mit den unter denselben Voraussetzungen erhaltenen Ergebnissen einer semi-analytischen Methode von Kirk & Heavens ([1989]) verglichen, wobei sich eine sehr gute Übereinstimmung ergab. Danach wurde ohne expliziten Rückgriff auf die Transportgleichungen bzw. deren Lösungen die Bewegung von Teilchen in einem Magnetfeld mit stochastischer Komponente simuliert. Im Prinzip wurden dabei im Plasma eingefrorene Magnetfeldlinien an äquidistanten Stützstellen entlang der Hauptfeldrichtung generiert, auf denen die Gyrationszentren der Teilchen sich diffusiv unter dem Einfluß von Pitchwinkelstreuung bewegen. Das Plasma wurde dabei fortwährend über die Stoßfront transportiert. Unter Benutzung der adiabatischen Invarianten wurde dann die Änderung insbesondere des Impulses auf der Grundlage des sog. Stoß-Drift-Prozesses bei jeder Stoßkreuzung berechnet.

Bei einem kontinuierlichen Plasmafluß, d.h. für ein auch im Unterlauf unkomprimiertes Plasma, kann der vollständige Propagator, der die Ausbreitung eines Teilchenpaketes beschreibt, analytisch berechnet werden. Damit kann wiederum an ausgezeichneten Stellen auch das Dichteprofil fortwährend injizierter Teilchen bestimmt werden. Es zeigte sich eine sehr gute Übereinstimmung dieser analytischen Ergebnisse mit den Resultaten der Monte-Carlo-Simulation, die darüber hinaus auch den Propagator und das Dichteprofil bei komprimiertem Plasma gezeigt haben. Insbesondere die gegenüber dem klassischen Transport reduzierte Teilchendichte an der Stelle der Injektion, die entscheidend für das Impulsspektrum der beschleunigten Teilchen ist, konnte quantitativ bestätigt werden.

Im Fall einer im Stoßsystem isotropen Pitchwinkelverteilung hängt der Spektralindex der beschleunigten Teilchen nur von dem Verhältnis der Dichte des Plasmas am Stoß zu derjenigen weit im Unterlauf und dem Kompressionsverhältnis ab. Es stellt sich daher bei anomalem Transport durch die Reduzierung der Dichte an der Stoßfront ein steileres Spektrum als bei klassischem diffusiven Transport ein (siehe Kirk et al. [1996]). Die Ergebnisse der Monte-Carlo-Simulation haben dieses Verhalten sehr deutlich gezeigt. Darüber hinaus wurde die Annahme der isotropen Pitchwinkelverteilung fallen gelassen, und diese explizit berechnet. Dabei ergab sich insbesondere für sub-diffusiven Transport mit zunehmendem Kompressionsverhältnis eine anisotrope Pitchwinkelverteilung. Auf diese Ursache konnten die abweichenden Werte der Spektralindizes vom analytischen Ergebnis zurückgeführt werden. Die hier bestimmten Spektralindizes zeigen über einen großen Bereich des Kompressionsverhältnisses, im Vergleich zum klassischen diffusiven Transport, ein signifikant steileres Spektrum für Teilchen, die sub-diffusivem Transport unterliegen.


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Udo Gieseler
4/8/1998